Wo überdauern Momente?
Der flüchtige Charakter des Moments scheint sein Festhalten, gar sein Sammeln auszuschließen. Und doch bleibt die Frage: Wie bewahren wir Momente? Welche Form kann eine Sammlung des Flüchtigen haben? Wie kann man etwas, das im Moment verhaftet ist, in eine Sammlung von Dauer überführen?
Der Begriff der ephemeren Skulpturen beschreibt skulpturale Werke, die dem Moment verhaftet sind und teils auf performative und ereignishafte Weise aufgeführt werden. Diese Kunstwerke mögen eine materielle Komponente, zum Beispiel Schnee, Sand, Wasser, Schokolade, haben, dennoch ist ihr >in Erscheinung treten< temporär, ein Geschehen, eine Bewegung im Moment. Zeit- und ortsbezogen, der Veränderung oder gar dem Verschwinden Preis gegeben, entziehen sich diese Skulpturen ihrer Bewahrung, Sammlung, ihrer Wiederaufführung und vielleicht sogar ihrer Erinnerung.
Miguel Angel Corzo bemerkt, dass wir womöglich das erste Mal in der Geschichte die Möglichkeit haben, bewusst zu entscheiden, was wir für unsere Nachwelt festhalten wollen. Dies stelle uns jedoch vor die Frage, ob damit auch die Verpflichtung einhergeht, eine lückenlose Aufzeichnung der Kunst des 20. (und mittlerweile auch des 21.) Jahrhunderts zu erstellen. Aber wie lässt sich die Auswahl dessen treffen, was bewahrt werden soll? Wer trifft diese Auswahl? Und vor allem: Wie können wir das bewahren, was wir ausgewählt haben?2
Als 1974 das Museum of Modern Art, New York, gefragt wurde, ob es die Spirale Jetty (1970) von Robert Smithson in seine Sammlung aufnehmen würde, lehnte das Museum noch mit der Begründung ab, dass die raumgreifende, mit seiner eigenen Vergänglichkeit konfrontierte Land Art-Arbeit am Rande des Great Salt Lake nicht in den Rahmen des Museums passen würde.3
Das Ephemere in der Kunst lässt sich, wie Dietmar Rübel beschreibt, bis zu den aus Schnee gefertigten Figuren Michelangelos zurückverfolgen. Ab 1900 greifen Künstler*innen dann das Nicht-Statische und im Moment-Verhaftete bewusst mit ihren Materialien auf. Und ab Mitte des 20. Jahrhunderts wird es von Kunstformen wie Happening, Performance, kinetischer Kunst, Land Art oder auch Eat Art verhandelt.4 Die „Flüchtigkeit des Ereignisses, seine Einmaligkeit und Unwiederholbarkeit“ ist programmatisch bei Formen der Performance- und Aktionskunst der 1960/70er Jahre, für deren Auftauchen Erika Fischer-Lichte den Begriff der „performativen Wende“ prägte.5 „Präsenz von Akteuren, Ekstasen der Dinge, Atmosphären, Zirkulation von Energie ereignen sich ebenso wie Bedeutungen, die erzeugt werden, sei es als Wahrnehmungen, sei es als von diesen hervorgerufene Gefühle, Vorstellungen, Gedanken.“6 Die Schaffung von Momenten entsprach häufig der Motivation, sich dem Schaffen von Werken und damit von vermarktbaren Objekten zu widersetzen.7 Kollaborationen von Künstlern wie John Cage, Merke Cunningham, Jasper Johns und Robert Rauschenberg setzten sich schließlich über disziplinäre Grenzen von Malerei, Tanz, Musik und Skulptur hinweg. Auch skulpturale und installative Werke zeichnen sich nun durch Prozesshaftigkeit aus und geben sich der Flüchtigkeit des Augenblicks hin. In neuerer Zeit thematisieren Künstler wie Erwin Wurm oder Tino Sehgal den Menschen als flüchtige künstlerische Materie. Dorothea von Hantelmann widmet sich in ihrem Text „Modalitäten der Adressierung und Aufmerksamkeitsökonomien in den ausstellenden und aufführenden Künsten“ den Grenzgängen bzw. den grenzüberschreitenden Praktiken in der bildenden und darstellenden Kunst. Sie beleuchtet, was Künstler*innen in die Temporalität des Theaters führt und auf welchem Weg das Theater in der Permanenz des Museums gelandet ist.
Die vorliegende Publikation Sammlung des Flüchtigen ist in Zusammenarbeit mit der Bildhauerin Katrin Wegemann entstanden. Auch ihre Skulpturen vollziehen Prozesse, ein ihnen innewohnendes (teils materialimmanentes) Eigenleben ermöglicht Zustandsänderungen und schafft unwiederholbare Ereignisse. Die Arbeiten durchbrechen die Starre des „Fertigen“ und damit das klassische Skulpturenverständnis des geschlossenen Objekts. Werke wie Fließen, 21 t (2016), Hüpfen (2013) oder auch Schmelzen, 37° C (2009) entfalten sich prozesshaft und situativ und bringen den Faktor Zeit in den statischen Raum ein. Wegemann öffnet den Ausstellungsraum als Bühne, sie versteht die Stadt als natürliches Tableau. Jeder Betrachter sieht die Arbeiten, die „Objekt-Theaterstücke“, in einem anderen Stadium, einem anderen unbeständigen „Moment“.
Begriffe, die sich an einer Definition dieser Kunstform versuchen, sind neben „ephemerer Skulptur“ auch „performative Skulptur“, „zeitbasierte Skulptur“ und „living sculpture“. Michael Dies schreibt 1993 in seinem Text über das scheinbare Paradoxon des „ephemeren Denkmals“8: Das Ephemere sei zwar von jeher fester Bestandteil der Künste, werde aber eher als „Saison- und Modeartikel“ verstanden, „der Zeit nicht nur verhaftet, sondern geradezu verfallen. […] Durch seine spezifische Zeitgebundenheit widerspricht das Ephemere einer gängigen Auffassung vom Kunstwerk, und zwar jener, die es ausschließlich auf Dauer und Überlieferung, auf Überzeitlichkeit und Zukunft gestellt sieht, so sehr es auch selbst jeweils nur im Augenblick erlebt wird und zur Geltung und Wirkung kommt.“9
Wie also umgehen mit diesen, dem Moment verhafteten Werken? Wie kann das Flüchtige nicht nur zur Aufführung gebracht, sondern auch festgehalten werden – für den Moment und für die Ewigkeit? Die generellen Charakteristika und Merkmale moderner und zeitgenössischer Kunst, die Gerda Kaltenbruner vom Institut für Konservierung und Restaurierung, Wien, aufzählt, benennen noch einmal die Herausforderungen, mit denen die Konservierung dieser Arbeiten konfrontiert ist: darunter „eine geringe Lebensspanne“, die Integration von „kinetische[n] Moment[en]“ sowie von sensorischen Qualitäten wie „Licht, Geruch, Geräusch und Ton“, „analoge und digitale Technologien und Informationsträger“, „neue synthetische Werkstoffe“ sowie „>gefundene< Materialien und Objekte unterschiedlicher Alterungsphasen“, „schnell zerfallende Materialien“, „die Prozessdualität von Werken, d.h. in die Zukunft offene, unabgeschlossene künstlerische Ausdrucksformen“ und schließlich „die Faktoren Zeit und Veränderlichkeit“.10 Für einige dieser Herausforderungen finden sich konservatorische Lösungen. Doch lassen sich Zeit und Veränderlichkeit schwerlich festhalten, noch in ein Behältnis füllen und bewahren.
Werfen wir einen Blick zurück, dann müssen wir feststellen, dass die Geschichte der Kunst eher eine Geschichte des Verlusts, denn des Überdauerns ist. Beispiele, die sich dafür heranziehen lassen, sind der Verlust von 99,4% der literarischen Manuskripte, die während des Mittelalters in Zentraleuropa entstanden, von 98% der Altarschnitzereien und bis 1800 90% der niederländischen Gemälde von vor 1700.11 Die Gründe für den Verlust von Kunstwerken sind so vielfältig wie die Werke selbst: Naturkatastrophen, Kriege, fehlende Fürsorge, zerstörerische Akte des Menschen, die Zeit und schließlich, wie beschrieben, die Kunstwerke selbst, die sich der Überdauerung entziehen. Womit letztere nicht nur an die Grenzen der privaten Sammlungen, sondern auch an die Grenzen des institutionellen Selbstverständnisses von Museen stoßen, die sich das Sammeln, Bewahren, Forschen und Ausstellen zur Aufgabe gemacht haben. Das Verständnis dessen, was das Bewahren umfasst und welchem Zweck es dienen soll, variiert dann auch je nach Perspektive (besonders Künstler*innen, Sammler*innen und Museen) und nach den Beschaffenheiten und Möglichkeiten des Kunstwerkes:
Zuallererst wäre da die Bestrebung, das Kunstwerk möglichst in seinem bestehenden Zustand festzuhalten. Dies geht von einem Werkbegriff des unveränderlichen und in sich geschlossenen Originals aus, das von Künstler*innen im Schaffensprozess mit ihrerAura aufgeladen wurde. Daneben wird der Ansatz verfolgt, festzuhalten, was notwendig ist, um das ereignisbasierte Werk zur Wiederaufführung zu bringen. Und schließlich wählen andere den Weg, die Werke durch dokumentarische Formen zu repräsentieren.12
Was passiert mit dem Wert der Kunst, wenn das Momenthafte und Einzigartige in Dauerhaftigkeit überführt wird? Welche Motivation kommt dem Verwandeln des Temporären in etwas Permanentes zu? Der Wunsch nach der Bewahrung, im Sinne einer Überführung in eine (museale oder private) Sammlung, geht häufig mit der Materialisierung des Immateriellen, mit der Objektivierung des Moments einher, dies mit dem Ziel eines bewahrbaren Artefakts und dessen Musealisierung – und häufig auch einer handelbaren Ware. Der Moment wird zum Besitztum, der Sammler zum Besitzer des Moments. Die Ausweitung des Käuflichen auf den Moment, die Kommerzialisierung des Moments, erlaubt es dem Einen, den Moment zu besitzen, an dem womöglich Mehrere teilgehabt haben. Je nach Beschaffenheit des Werkes kann es sich hierbei um die möglichst originalgetreue Konservierung der Arbeit in ihrem Ist- und Ur-Zustand handeln oder auch nur um verbliebene Ruinen oder Relikte, aufgeladen mit Benjamin’scher Aura, die der Historisierung des Werkes in der musealen Ausstellung behilflich ist. Mit der Konservierung von Objekten hängen wir die Hoffnung an selbige, dass sie am Ende Teil der Kultur der Zukunft („culture of the future“) werden, so Arthur C. Danto – ebenso wie heute Bestandteile der Vergangenheit eine Bedeutung für uns haben, indem sie Teil unseres kulturellen Kanons und unseres Lebens geworden sind, seien es Kunstwerke, Texte oder Architektur. Dies bedeute jedoch auch, dass wir versuchen, die Herausforderung der Konservierung des Jetzt aus einer historischen Perspektive zu betrachten, eine Historie, welche erst aus der Zukunft sichtbar sein wird. Und auch wenn nicht vorhersehbar ist, was für ein Interesse die Zukunft an uns haben wird, so könne doch zumindest mit Sicherheit gesagt werden, dass sich das zukünftige Interesse an uns von dem heutigen unterscheiden wird.13 Von der Künstlerin Helen Escobedo lässt sich dennoch ein pragmatischer Vorschlag entleihen, nämlich der eines vom Künstler unterzeichneten und gesiegelten Dokuments, vergleichbar mit einem Testament, das u. a. regelt, was überdauern oder verschwinden soll und darf, wer berechtigt ist, eine Arbeit in Betrieb zu nehmen, zu bewahren, dokumentieren, vervielfältigen und notfalls auch die Zerstörung in die Wege zu leiten.14 Die Frage, ob es wirklich eine materialisierte Sammlung von Momenten gibt, würden wohl (institutionelle oder private) Sammler*innen, Besucher*innen und Künstler*innen unterschiedlich beantworten. Picasso sagte einmal zu Gertrude Stein: „No one will see the picture, they will see the legend of the picture, the legend that the picture created. It makes no difference if the picture lasst or does not last.“15 Die anfangs erwähnte Spiral Jetty befindet sich übrigens seit 1999 in Besitz und unter der Obhut der Dia Art Foundation.
Kunstwerke sind, gerade wenn sie im öffentlichen Raum errichtet werden, mit dem Anspruch konfrontiert, für die Ewigkeit geschaffen zu sein. Wie also verhält sich der „Moment“ im öffentlichen Raum? Florian Matzner beschreibt in seinem Text „’Time is fast, space is slow…’“ die Veränderungen des öffentlichen Raums und seiner Rezeption in den letzten Jahrzehnten mit den Auswirkungen auf bzw. Reaktionen durch die Public Art, welche sich in den vergangenen Jahren ebenfalls ephemeren Kunstformen geöffnet hat. Der öffentliche Raum ermöglicht der Kunst Freiheiten und einen sozialen Austausch, und das ohne Verpflichtungen an institutionelle Kontexte.
Für die zukünftige Rezeption ephemerer, insbesondere performativer Skulpturen sind Re-Inszenierungen in einigen Fällen ebenfalls eine denkbare Lösung. Doch neben dem großen Problemkomplex von Authentizität und Originalität, wirft dies auch die Frage nach einer Anleitung von universeller und dauerhafter Lesbarkeit auf. Handreichungen, Skizzen, Rezepte oder Drehbücher und Notationen, wie sie in Theater und Musik vorkommen, können der Reproduzierbarkeit der ereignishaften Arbeiten zur Seite stehen. Neben der Kunst der Notation als für sich stehendes autonomes Kunstwerk, auch als „graphische Notation“ bezeichnet (prominente Beispiele bei John Cage, Gerhard Rühm oder auch Oskar Fischinger), könnte die Notation auch als Anleitung für die Wiederaufführung von zeitbasierten skulpturalen Kunstformen dienen. Jenseits der Notenschrift wäre eine Darstellung des zeitlichen Verlaufs und der räumlichen Bewegung denkbar, unter Einbeziehung von Zeichnungen, Symbolen oder beschreibenden Textpassagen, wie sie unter anderem in der Neuen Musik oder im Tanz zu finden sind.
Doch was passiert mit dem Wert der Kunst, wenn das Einzigartige wiederholbar wird? Und wie viel „Interpretationsspielraum“ bietet das künstlerische Original? Oder hält womöglich gerade das Unpräzise die Kunst lebendig? Und was passiert mit der auratisierten Einmaligkeit, mit der Originalität von Zeit, Ort und, nennen wir es hier einmal „Material“, um den Objektbegriff zu vermeiden?
Doch kehren wir zurück zur Sammlung, welche wir bisher als Ort der Originale betrachtet haben. In seinem Text „Raum zum Sammeln – Vom Sichtbarmachen des Unsichtbaren“ geht Volker Kleinekort aus architektonischer Perspektive der Frage nach dem geeigneten Raum zum Sammeln des Ephemeren nach. Anhand eines Exkurses in die Thematik des Ausstellens von Architektur nähert sich Kleinekort dem Raum von Dingen, „die nicht sind“.
Und so wäre eine dritte Möglichkeit, die Sammlung als (Erinnerungs-)Raum zu verstehen, in dem Dokumente, Planungsskizzen oder Ähnliches dem Erinnern und dem Imaginieren und auch dem Besitzen behilflich sind. Als Repräsentationen oder Beweise von Kunstwerken, die nicht mehr existieren. In den 1960/70er Jahren fand der Aspekt des Dokumentarischen auf unterschiedliche Weise Eingang in den Kunstkontext. Neben der Fotografie wurde insbesondere das neu entwickelte Video mit seinen handlicheren Kameras bevorzugtes Medium vieler Künstler*innen. Zum einen wurde die Dokumentation nun zum überdauernden Medium von sonst flüchtigen und ungegenständlichen Kunstformen, zum anderen wurde das Dokument selbst zum Bestandteil der Kunst.16 Aber auch andere Formen von künstlerischen Dokumenten dienten dazu, zeit- und ortsgebundene Kunstwerke im Nachhinein in ihrer Vieldimensionalität abzubilden: Skizzen, Raumpläne, technische Zeichnungen, Ausstellungskataloge, die zusammen, wie Rüber schreibt, „einen medialen Verbund mit den Kunstwerken bilden“, „eine verräumlichte Karte der Arbeit, wodurch ein heterogener Chronotopos fixiert werden soll, der dann zur Aufnahme in die Geschichte der Kunst dient.“17
Aber Sammlungen können nicht nur als Orte des Besitzens verstanden werden, es lassen sich neben materiellen denn auch immaterielle Formen einer Sammlung als Möglichkeiten für die Überdauerung eines Moments denken – so etwa die Erinnerung. Der Rezipient, der das Ereignis der Kunst mit all seinen Sinnen erlebt hat, wird selbst zum Sammler und damit die subjektive Erinnerung zum immateriellen Sammlungsobjekt, beheimatet und manifestiert in dem selbst zutiefst ephemeren Ort, dem menschlichen Gehirn. Der Mediziner Bernhard Roth widmet sich in seinem Text „Über die Sammlung von Momenten – Gedächtnis und Kunst“ Gehirnprozessen, die uns das Erinnern erlauben und dem eben erwähnten Gedanken, die Erinnerung des Kunstrezipienten als immateriellen Sammlungs„raum“ und den Rezipienten als Sammler zu verstehen. Oder wie Laurence Weiner bemerkte: „Sobald Sie Kenntnis von meiner Arbeit haben, gehört Sie Ihnen. Es ist unmöglich, dass ich in jemandes Kopf hineinklettere und sie ihm wegnehme.“18 Dora Garcia ergänzt diesen Gedanken um eine weitere These: „Erinnerungen sind keine eingekapselten Bilder, die wir jedes Mal, wenn wir uns erinnern, herausholen; die Erinnerung entsteht in dem Moment, in dem sie aufgerufen wird. Und sie ist nie genau die gleiche. Welche Auswirkungen könnte dies auf die Kunstwerke haben, die aus dem Gedächtnis zu Eigen gemacht werden? Unendliche Vervielfachung. Mehr noch eine totale Entwertung des Preises des Kunstwerkes.“19
Das vorliegende Buch nähert sich den beschriebenen Fragestellungen von diversen Seiten: In fünf, teilweise bereits erwähnten Essays beleuchten Autor*innen aus den verschiedenen Perspektiven ihrer jeweiligen Expertise die Möglichkeiten des Sammelns und Raum-Gebens des Ereignishaften und Ephemeren sowie die damit verbundenen Herausforderungen und Widersprüche.
Die Texte werden gerahmt von einer Vielzahl verschriftlichter Erinnerungen an Arbeiten aus dem Werk von Katrin Wegemann. Entstanden ist eine vielfältige Sammlung von subjektiven Texten, die immer etwas Erinnertes beschreiben, doch gleichzeitig auch „Denkmäler des Vergessens“ geworden sind, ein Gedankenspiel wie es von Knut Ebeling ersonnen wird. In seinem Text „Das Monument des Vergessens“ untersucht er das dialektische Verhältnis von Vergessen und Erinnern und fragt: „Wer weiß schon, wie ein Kunstwerk einmal genau war?“ Und bilden die kurzen Textsplitter der Erinnerungstexte die Arbeiten Katrin Wegemanns auch nur fragmentarisch ab, so geben sie doch dichte Einblicke in die persönlichen Erinnerungssammlungen ihrer Autor*innen. Sie erzählen ebenso viel über die Kunstwerke wie über die Autor*innen selbst. Die Erinnerungstexte sind der Versuch, den klassischen Abbildungsteil eines Katalogs, die dokumentarische Hochglanzstrecke zu ersetzen und die Darstellung der Werke in die Hände vieler verschiedener Autoren zu legen. Das Buch wird selbst zum Raum für eine Sammlung, nicht von den Arbeiten Wegemanns, aber eine Sammlung ihrer Erinnerungen. In ihrer Weitergabe, ihrem Weitererzählen manifestieren sich die Erinnerungen
Das Buch schließt mit einem Werkverzeichnis, das einen (versucht) faktisch angelegten detaillierteren Überblick über die Arbeiten von Katrin Wegemann gibt und damit bewusst einen anderen Ansatz der Werkdarstellung verfolgt.
Mein Dank gilt deshalb allen voran der Künstlerin, an Hand derer Werke wir die Fragestellungen zum Ephemeren entwickelt haben und die wir haben zum Experimentierfeld werden lassen, und natürlich allen, die am Zustandekommen des Buches mitgewirkt haben: den Autor*innen für ihre Essays und Erinnerungen, Valerie Schickel-Dorn und Jacqueline Koller für das Lektorat, Christian Klier für die Entwicklung der Publikationsgestaltung, dem Kunstverein Recklinghausen für die vertrauensvolle Kooperation.
Einleitung aus dem Buch Sammlung des Flüchtigen. Über das Festhalten des Ephemeren, Verlag Kettler 2017.